Amazon entsorgt offenbar weiterhin Neuware und Retouren – auch nach einer Gesetzesänderung. Das berichten das ZDF-Magazin Frontal sowie Business Insider.
Bereits im Jahr 2018 hatte das ZDF-Magazin Frontal aufgedeckt, dass Amazon massenweise Neuwaren und Retouren vernichtet. Die Bundesregierung hat daraufhin das Kreislaufwirtschaftsgesetz angepasst.
So wurde in diesem Atemzug die sogenannte „Obhutspflicht“ eingeführt. So will der Gesetzgeber theoretisch verhindern, dass Versandhändler neue Produkte nach der Rücksendung vernichten.
Doch Amazon hält sich offenbar nicht daran, wie das ZDF-Magazin Frontal und Business Insider unter Berufung auf Beschäftigte des Unternehmens berichten.
Amazon vernichtet weiterhin massenhaft Neuware und Retouren
Für die Recherche von Frontal und Business Insider haben die beteiligten Journalist:innen „über mehrere Monate hinweg“ Beschäftigte von mehreren Standorten getroffen.
Heimlich haben sie Fotos gemacht, die zeigen, was vernichtet werden soll: Paletten mit Solarleuchten, Tonerkartuschen, Lampen, Keyboards.
Es sei nicht erkennbar, dass es nach der Änderung des Kreislaufwirtschaftsgesetz „irgendwelche Veränderungen“ gibt. „Vernichtet wird weiter“, erklärt einer der Insider.
Wenn man das sieht, was vernichtet werden soll, da blutet einem das Herz.
Geändert habe sich aber dennoch etwas – nämlich die Bezeichnung der Artikel, die zu entsorgen sind. Vor der Gesetzesänderung habe an den zu entsorgenden Paletten die Bezeichnung „Destry“ gestanden. Inzwischen greife der Konzern auf Begriffe wie „Aufbereitung“ oder „Remove“ zurück.
Interne Liste bestätigt die Anschuldigungen
Frontal hat für die Recherche auch eine interne Liste von Amazon ausgewertet, die Greenpeace zugespielt worden war. Demnach habe der Konzern innerhalb von anderthalb Jahren allein in der Produktkategorie „Verschiedenes“ rund 1.840 Tonnen Ware entsorgt.
Das Problem sehen die Amazon-Beschäftigten insbesondere in fehlenden Kontrollen. „Ich habe noch nie erlebt, dass jemand da war, die Vernichtungstonnen aufgemacht hat und reingeschaut hat“, erklärt einer der Insider.
Das Bundesumweltministerium bestätigt dies auf Anfrage von Frontal. Es existiere „derzeit keine Rechtsverordnung zur Umsetzung der Obhutspflicht“. Daher sei es derzeit noch nicht möglich, Bußgelder bei gesetzwidriger Warenvernichtung zu erheben.
Wie äußert sich Amazon zu den Vorwürfen?
Der Konzern hingegen ist sich keiner Schuld bewusst. Frontal hatte den Konzern mit seinen Rechercheergebnissen konfrontiert. Daraufhin antwortete eine Amazon-Sprecherin schriftlich.
Das Unternehmen halte sich an „jegliche gesetzliche Vorschriften“, zitiert das ZDF-Magazin die Sprecherin. Sie gibt an, dass Amazon weniger als ein Prozent der verkauften und retournierten Produkte entsorgt. Dazu sollen auch die recycelten Produkte gehören.
Doch Amazon ist nicht der einzige Verkäufer, der seinen Waren über den sogenannten Marketplace vertreibt. Mehr als die Hälfte der weltweit bei auf der Plattform verkauften Artikeln würden von Drittanbietern stammen.
Über diese Waren könne das Unternehmen nicht entscheiden, das liege an den „Verkaufspartnern“. „Da die zurückgesendeten Produkte nicht uns gehören“, heißt es von der Sprecherin weiter.