Der russische Tech-Konzern Yandex steht für seine Kreml-Nähe hierzulande in der Kritik. Allerdings listen laut einer Recherche hunderte deutsche Nachrichtenseiten das „russisches Google“ als Werbepartner.

Google ist die mit Abstand beliebteste Suchmaschine in Deutschland. Laut einer Statista-Umfrage nutzten 89 Prozent der Deutschen im Jahr 2023 die Suchmaschine aus dem Hause Alphabet. Weltweit erreicht Google einen Marktanteil von rund 83,5 Prozent.

Damit ist Google zwar die populärste Suchmaschine der Welt. Jedoch ist sie nicht in jedem Land verfügbar. Russland beispielsweise hat mit Yandex sein „eigenes Google“, das allerdings für die Nähe zum Kreml in der Kritik steht.

Eine Recherche von Netzpolitik.org, der Schweizer Journalistin Adrienne Fichter und dem Tech-Blog dnip.ch hat nun ergeben, dass Yandex bei Hunderten deutschen Medien als Werbepartner gelistet war. Es könnten also sensible Daten deutscher Nutzer:innen abgeflossen sein.

Deutsche Medien listen Yandex als Werbepartner

Bereits seit dem Jahr 1997 gibt es Yandex, das oft auch als „russisches Google“ bezeichnet wird. Ähnlich wie bei dem US-Konzern verfügt auch das russische Pendant nicht nur über eine Suchmaschine, sondern unter anderem auch über einen Browser oder Plattformen für Musik-Streaming, Navigation oder E-Mail.

Allerdings steht es kritisch mit der Unabhängigkeit von Yandex. Denn vor allem seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine nimmt der Kreml laut diversen Medienberichten immer mehr Einfluss auf die Suchergebnisse des Konzerns. Das betrifft sowohl die News-Suche, die nur noch kremltreue Medien ausspielt. Aber auch die Suchergebnisse selbst werden laut Medienberichten zensiert.

Inzwischen musste Unternehmensgründer Arkadi Wolosch sogar die Führung des Konzerns abgeben. Denn der Konzern hat sein Russland-Geschäft an eine russische Investorengruppe verkauft. Seither steht der Geschäftszweig unter der Leitung von Russlands Ex-Finanzminister Alexej Kudrin.

Doch trotz dieser Änderungen bei Yandex ist die Seite weiterhin als Werbepartner bei zahlreichen, unter anderem auch sehr reichweitenstarken Medien zu finden. Das hat Michael Maurantonio herausgefunden, der Experte für Online-Werbe-Betrug ist.

Dabei finden sich in der Liste der Medien neben RTL, dem Stern oder der Frankfurter Rundschau auch Springers Business Insider, das Neue Deutschland oder die Berliner Zeitung.

Bestehen noch Werbepartnerschaften mit deutschen Medien?

Laut der Recherche von Netzpolitik.org, der Schweizer Journalistin Adrienne Fichter und dem Tech-Blog dnip.ch fand sich Yandex bis zum Zeitpunkt der Presseanfrage als sogenannter Reseller in den ads.txt-Dateien der deutschen Medienhäuser.

Diese sogenannten Reseller können jedoch nicht nur auf die Werbeflächen zugreifen. Auch die Daten der Nutzer:innen sind für diese Partner theoretisch zugänglich. Doch sind diese Daten über Yandex auch nach Russland abgeflossen?

Auf die Nachfrage von Netzpolitik.org, Adrienne Fichter und dnip.ch hin „verweisen mehrere Medien auf einen Fehler, den sie in der Zwischenzeit behoben haben wollen“.

Schuld seien demnach Dienstleister, mit denen sie bei der Vermarktung ihrer Werbeflächen zusammenarbeiten.

Der Springer-Verlag beteuert in seiner Antwort auf die Pressenafrage, dass „zu keinem Zeitpunkt Werbeinventar von Business Insider Deutschland durch Yandex vermarktet oder Daten übermittelt“ wurde. Der Konzern arbeite „mit renommierten Partnern“ zusammen.

Dabei gebe es für die Zusammenarbeit „strikte Kriterien“, die der Konzern „regelmäßig“ überprüfe. Weshalb Yandex trotz dessen noch immer auf der Liste auftauchte, lässt Springer hingegen unbeantwortet. Auch weitere Verlage verweisen für die Leistung von Yandex auf externe Partner.

Yandex hat sich selbst zurückgezogen

Laut dem AdTech-Experten Zech Edwards, den Netzpolitik.org zitiert, hat Yandex in den vergangenen Jahren selbst seine Partnerlisten bereinigt. Der Konzern scheine „seine Liste nach dem Verkauf an russische Interessen weiter verfeinert zu haben“.

Dass die Daten deutscher Nutzer:innen nicht an Yandex abgewandert sind, liege vor allem an der Aktualisierung der Liste mit den ehemaligen Partnern durch Yandex. Die Sellers.json-Datei von Yandex zähle derzeit nur noch 177 Publisher, zuvor seien es Zehntausende gewesen.

Aber zu irgendeinem Zeitpunkt in der Zukunft, wenn Yandex die accountIDs der ehemaligen Partner wieder in ihre Datei hinzugefügt, ist es wahrscheinlich, dass einige der früheren Ad-Tech-Ströme wieder angeschaltet werden. Yandex würde dann beginnen, Daten und Geld von den gleichen Websites zu erhalten.

Der AdTech-Experten Zech Edwards fordert Publisher deshalb auf, nicht mehr gültige AccountIDs aus ihren ads.txt-Datensätzen zu entfernen. Das sei vor allem wichtig, „wenn diese AccountIDs einem Unternehmen wie Yandex gehören, das einen Eigentümerwechsel hin zu russischen Interessen, die Putin nahe stehen, vollzogen hat und dem man heute weniger vertrauen kann als je zuvor“.

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