Der Deutsche Juristentag, der am Mittwoch in Stuttgart begonnen hat, diskutiert unter anderem über den Umgang mit der Beschlagnahme von Smartphones und Laptops durch Polizei und Staatsanwaltschaft. Die Veranstaltung, die als größte juristische Fachkonferenz in Europa gilt, zieht rund 2.000 Teilnehmer aus Justiz, Anwaltschaft und Forschung an.

Die Fachleute kritisieren, dass die Befugnisse der Ermittlungsbehörden bei der Sicherstellung und Beschlagnahme von IT-Geräten veraltet und zu weitreichend seien. Die geltenden Regeln stammen aus einer Zeit, als Mobiltelefone noch keine umfassenden Datenspeicher waren. Heute jedoch erlauben Smartphones Zugriff auf persönliche Daten, wie Kontakte, Bewegungsprofile und Verhaltensmuster, die weitreichende Einblicke in das Privatleben der Nutzer geben.

Themenschwerpunkt in Sachen Strafecht ist beim diesjährigen Juristentag: „Beschlagnahme und Auswertung von Handys, Laptops & Co. – Sind beim offenen Zugriff auf Datenträger die Persönlichkeitsrechte angemessen geschützt?“

Geirnge Hürden bei der Beschlagnahme

Der Trierer Rechtsprofessor Mohamad El-Ghazi, der ein Gutachten für den Deutschen Juristentag erstellt hat, sieht in der aktuellen Praxis ein Problem. Die Beschlagnahme von Smartphones sei häufig auch bei geringfügigen Straftaten wie Diebstahl möglich. Entscheidend ist oft nur ein Verdacht, in dringenden Fällen können Staatsanwaltschaft oder Polizei sogar selbst entscheiden, ohne dass ein Richter eingeschaltet wird.

Noch einfacher wird es, wenn der Betroffene der Beschlagnahme zustimmt. Während bei der Überwachung von Telefongesprächen und Online-Chats hohe rechtliche Hürden bestehen, seien die Anforderungen bei der Sicherstellung eines Smartphones deutlich niedriger.

Ein Auszug aus den diskutierten Thesen:

Das Beschlagnahmeregime und die Regelungen zur Durchsicht sind in Bezug auf den Zugriff auf komplexe IT-Geräte (Smartphones, Personal Computern, Laptops, Tablet-PC und ähnliche datenintensive Gerätschaften) als unterreguliert anzusehen.
Zur Aufklärung von Straftaten mit einem Höchststrafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren sollte der Zugriff auf komplexe IT-Geräte und ihren Datenbestand im Wege der Beschlagnahme ausgeschlossen sein. Eine Ausnahme sollte für Cyberstraftaten (im weiten Sinne) vorgesehen werden.
Dem Geräteinhaber sollte ein Anspruch auf (unverzügliche) Aushändigung einer Datenkopie von den (vorläufig) sichergestellten Daten zugestanden werden – dieser Anspruch steht unter dem Vorbehalt, dass die Erzeugung einer solchen Kopie technisch möglich (und zumutbar) ist.

Reformvorschläge aus der Fachwelt

Die Juristen fordern daher eine Reform der Regelungen, um die Privatsphäre der Betroffenen besser zu schützen. El-Ghazi plädiert für spezielle Vorschriften für IT-Geräte, die dem hohen Schutz der darauf gespeicherten Daten gerecht werden. Smartphones und Computer sollten nicht wie klassische Beweismittel behandelt werden, da sie besonders sensible Informationen enthalten. Ob der Deutsche Juristentag diesen Reformvorschlägen folgt, wird sich wohl erst Ende der Woche zeigen.

PDF-Download: Die Thesen der Referenten

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