Ab dem Jahr 2025 stellt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) neue Anforderungen an die digitale Zugänglichkeit. Unternehmen sind also gefordert, ihre Websites so zu gestalten, dass sie für alle Menschen nutzbar sind. In Deutschland leben laut dem Statistischen Bundesamt etwa acht Millionen Menschen mit langfristigen oder temporären Beeinträchtigungen, für die digitale Barrieren den Zugang zu wichtigen Informationen erheblich erschweren. Das sind zehn Prozent der deutschen Bevölkerung! Zu diesen kommen noch etwa 750.000 Personen, die von unterschiedlichen Formen von Konzentrationsschwäche (Beispiel: ADHS) betroffen sind.

Barrierefreiheit ist nicht nur gesetzlich erforderlich, sondern bringt auch konkrete Vorteile mit sich, die weit über die reine Erfüllung von Vorschriften hinausgehen. Eine barrierefreie Website verbessert die User Experience für sämtliche Nutzer:innen – etwa durch klare Strukturen, leserliche Schriftarten und leicht zugängliche Inhalte. Diese Optimierungen machen die Navigation intuitiver und angenehmer, was die Verweildauer und die Zufriedenheit der Nutzer:innen steigern kann. Darüber hinaus profitieren barrierefreie Websites von einer besseren Auffindbarkeit in Suchmaschinen. Suchmaschinenalgorithmen bewerten Seiten positiv, die eine hohe Usability bieten, gut strukturiert sind und alternative Texte für Bilder sowie verständliche Sprache verwenden.

Barrierefreiheit trägt somit nicht nur zur Inklusion bei, sondern dient auch als strategisches Element zur Steigerung der Reichweite und zur Verbesserung des Images eines Unternehmens.

Standards für die Barrierefreiheit

Die Standards für die Barrierefreiheit hat das World Wide Web Consortium (W3C) in den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) zusammengefasst. Diese gliedern sich in vier Prinzipien: Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit. Sie stellen sicher, dass Inhalte für alle Menschen zugänglich, bedienbar und verständlich sind und auf verschiedenen Geräten funktionieren. Die Anforderungen sind komplex, aber ein übersichtlicher Katalog auf dem Portal Barrierefreies Webdesign und sechs praxisnahe Aspekte helfen, einen schnellen Überblick für die barrierefreie Gestaltung von Online-Präsenzen zu erhalten.

6 praxisnahe Tipps für eine barrierefreie Online-Präsenz

Wenn man sich durch die Anforderungen hindurcharbeitet, wird schnell klar, dass diese Vorgaben komplex sind. Damit du das Thema schnell überblicken kannst, liste ich hier sechs praxisnahe Aspekte auf, die bei der barrierefreien Gestaltung Ihrer Online-Präsenz wichtig sind.

Navigation über die Tastatur ermöglichen

Menschen mit motorischen Einschränkungen oder Sehbeeinträchtigungen nutzen oft nur die Tastatur zur Navigation. Stelle sicher, dass alle interaktiven Elemente wie Links, Buttons und Formulare per Tastatur zugänglich sind und korrekt funktionieren. Verwende beispielsweise ‚Tab‘ und ‚Enter‘, um eine durchgängige, einfache Bedienbarkeit zu gewährleisten.

Optimale Kontraste für visuelle Klarheit

Visuelle Barrierefreiheit bedeutet, dass Text und interaktive Elemente auch für Personen mit Sehbeeinträchtigungen leicht erkennbar sind. Verwende starke Kontraste zwischen Text und Hintergrund und meide Farbkombinationen, die für Menschen mit Farbsehschwächen problematisch sind –beispielsweise sich ähnelnde Farben wie Rot und Orange. Tools zur Kontrastanalyse (zum Beispiel Coolors, WebAIM Contrast Checker oder CCA) helfen dabei, sicherzustellen, dass die Farbgestaltung deiner Website den internationalen Standards entspricht.

Flexible Vergrößerungsoptionen integrieren

Zoomfunktionen sind wichtig für Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen. Ermögliche Nutzer:innen, den Inhalt deiner Seite ohne Qualitätsverlust zu vergrößern, und vermeide, dass Layouts bei größeren Zoom-Stufen verschoben oder Inhalte unzugänglich werden. Teste deine Website bei verschiedenen Zoom-Stufen und stelle sicher, dass der Text gut lesbar und die Struktur erhalten bleibt.

Lesbarkeit durch Textabstände optimieren

Die Abstände zwischen Buchstaben, Wörtern und Zeilen haben einen erheblichen Einfluss auf die Lesbarkeit. Verwende ausreichende Abstände und vermeide eng beieinanderliegende Textelemente, da dies das Lesen erschwert. So sollte der Zeilenabstand auf mindestens das 1,5-fache der Schriftgröße, der Abstand nach Absätzen auf das Zweifache, der Buchstabenabstand auf mindestens das 0,12-fache und der Wortabstand auf das 0,16-fache der Schriftgröße einstellbar sein. Eine erhöhte Lesbarkeit sorgt dafür, dass Informationen schnell und klar erfasst werden können – ein Vorteil, der nicht nur Menschen mit Sehschwierigkeiten zugutekommt.

Etablierte Schriftarten verwenden

Gut lesbare, vertraute Schriftarten erleichtern das Lesen für alle Nutzer:innen. Vermeide sehr filigrane und verspielte Schriften und setze stattdessen auf serifenlose, klare Schriften wie Arial oder Verdana. Diese sind besonders lesefreundlich und erfüllen die Bedürfnisse einer großen Zielgruppe. Zudem solltest du die Formatierungen „Kursivstellung“ und „Fettdruck“ sehr sparsam einsetzen. Verwende auch angemessene Schriftgrößen, um ein komfortables Leseerlebnis zu gewährleisten. Die Web Content Accessibility Guidelines empfehlen zwar keine bestimmte Schriftgröße, aber Agenturen, Web-Designer:innen und -texter :innenraten zu mindestens 16 Pixeln.

Multimedia-Zugänglichkeit durch Alt-Texte und Transkripte

Visuelle und auditive Inhalte wie Bilder und Videos sollten mit Alternativtexten (maximal 250 Zeichen) und Untertiteln ausgestattet sein, um eine umfassende Barrierefreiheit zu gewährleisten. Das gilt vor allem für informierende Bilder, da sie dazu dienen, die Informationen auf der Website besser zu verstehen. Dekorative Bilder hingegen brauchen keinen beschreibenden Alt-Text.

Alt-Attribute beschreiben Bildinhalte für Screenreader-Nutzer:innen, während Transkripte und Untertitel Menschen mit Hörschädigung den Zugang zu Videos und Audiodateien erleichtern. Diese Maßnahmen verbessern die Reichweite und die Benutzerfreundlichkeit deiner Website erheblich.

Mythen rund um das BFSG

Mit der Einführung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) tauchten viele Missverständnisse auf, die bei Unternehmen für Unsicherheiten sorgen. Entgegen der Annahme, dass das Gesetz für alle Unternehmensformen relevant ist, richtet es sich tatsächlich nur an Geschäftsbeziehungen im B2C-Bereich, während B2B-Kontexte ausgenommen sind. Auch ist nicht jedes Unternehmen verpflichtet, die Anforderungen umzusetzen: Kleinstunternehmen, also solche mit weniger als zehn Mitarbeitenden oder unter zwei Millionen Euro Jahresumsatz, sind vom Gesetz ausgenommen.

Ein weiteres Missverständnis betrifft die Übergangsfristen. Es wird oft angenommen, dass es nach Juni 2025 noch eine Schonfrist für die Umsetzung gibt. Tatsächlich jedoch müssen Websites und Online Shops ab diesem Zeitpunkt vollständig barrierefrei sein, da es keine allgemeine Umstellungsfrist gibt.

Ebenfalls falsch ist die Annahme, dass jede Website in Zukunft barrierefrei gestaltet sein muss. Tatsächlich betrifft das BFSG nur Websites, die elektronische Geschäftsdienstleistungen anbieten, wie zum Beispiel Online Shops. Websites, die rein der Information dienen, sind ausgenommen. Schließlich ist es wichtig zu wissen, dass eine Barrierefreiheitserklärung erforderlich ist – diese muss gut sichtbar gemacht werden, etwa im Footer der Website oder in den AGB, um transparent zu zeigen, wie die Anforderungen erfüllt werden.

Fazit: Mehr Usability für alle User

Auch wenn die Anforderungen nicht leicht zu verstehen sind, es lohnt sich: Eine barrierefreie Website schafft nicht nur digitale Inklusion, sondern steigert auch die Sichtbarkeit in Suchmaschinen und verbessert die Usability für alle Nutzer:innen. Durch die Umsetzung dieser Maßnahmen werden Unternehmen den gesetzlichen Anforderungen gerecht und fördern ein zugängliches Online-Erlebnis für eine vielfältige Zielgruppe. Unternehmen, die jetzt aktiv Barrierefreiheit in ihre digitale Strategie integrieren, tun nicht nur das gesetzlich Geforderte, sondern setzen auch ein starkes Zeichen für gesellschaftliche Verantwortung und Fortschritt. Eine inklusive Website ist nicht nur ein Schritt in Richtung Compliance – sie ist eine echte Chance für die Positionierung deines Unternehmens und ein klarer Mehrwert für alle Nutzer:innen.

Blog

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *