Nächste Woche könnte TikTok in den USA nicht mehr da sein. Was sich über Monate angebahnt hat, für viele Creator und Brands aber lange Zeit noch als rein theoretische Eventualität galt, nimmt konkrete Gestalt an. Sofern der Supreme Court als letzte Instanz nach der Anhörung am 10. Januar nicht dafür sorgt, dass die Entertainment-Plattform von ByteDance einen Aufschub erhält, wird sie ab dem 19. Januar in den Vereinigten Staaten abgeschaltet. Eine Alternative gibt es allerdings: den Verkauf des US-Geschäfts an ein US-Unternehmen. Diesen lehnt der chinesische Konzern ByteDance eigentlich rundheraus ab. Zuletzt wurden bereits der mögliche Verkauf an YouTube Superstar und Geschäftsmann MrBeast – der sich und einige US-Milliardäre öffentlich ins Gespräch brachte – sowie an den X-Eigner, Multimilliardär und Trump-Verbündeten Elon Musk in den Medien diskutiert.
Unironically I’ve had so many billionaires reach out to me since I tweeted this, let’s see if we can pull this off
— MrBeast (@MrBeast) January 14, 2025
Ausgerechnet Donald Trump, der als notorischer Medienkritiker und Gegner manch progressiver Tech-Unternehmen bekannt ist, könnte TikToks letzte Hoffnung sein. Während sich Tech-Konzerne wie Amazon und Meta der konservativen neuen Regierung mit drastischen Änderungen und Spenden anbiedern, X ohnehin als Sprachrohr für Donald Trump gilt, könnte TikTok als weitere Plattform fungieren, die Donald Trumps Plänen zugutekommt. Dafür müsste sie womöglich aber deutliche Kompromisse eingehen. Dafür müsste sie aber vor dem Ende am 19. Januar bewahrt werden – doch Trumps Amtseinführung ist erst einen Tag darauf. Bei dieser soll neben Amazon-Gründer Jeff Bezos, Meta CEO Mark Zuckerberg und X-Eigner Elon Musk nach Informationen der New York Times auch TikTok CEO Shou Zi Chew zu Gast sein. Kommt es zur Kehrtwende dank Donald Trump?
Geht TikTok jetzt an Elon Musk?
Zwischen „reiner Fiktion“ und X-Kontrolle über Entertainment App
© Solen Feyissa – Unsplash, Duncan.Hull (eigenes Werk) – Wikipedia.de, CC BY-SA 3.0 (Änderungen wurden vorgenommen via Canva)
Neues Tech-Machtgefüge in den USA?
Zuletzt äußerte sich der designierte US-Präsident Donald Trump überraschend wohlmeinend über TikTok. Er wolle eine politische Lösung finden, um TikTok als Plattform zu erhalten. Strebt Trump tatsächlich danach, TikToks Fortbestand in den USA zu sichern, könnte er das von Joe Biden unterzeichnete Gesetz möglicherweise in seiner Amtszeit anfechten. Allerdings lehnte ein Berufungsgericht einen Einspruch TikToks gegen die Gesetzesvorgaben vor einigen Wochen bereits ab und auch dem Gesuch nach einer „emergency pause“ wurde noch nicht stattgegeben. Der Supreme Court ließ zwar eine Anhörung zu, hat bislang aber noch keine Anzeichen gezeigt, die auf einen Kurswechsel hindeuten. Bei einer geplanten Umkehrung der Gesetzesvorgaben würde auf die neue US-Regierung und TikTok womöglich viel Aufwand zukommen. Daher wäre eine kurzfristige Planänderung effizienter, wenn es Donald Tump und Co. um TikToks Bestehen ginge. Aktuell möchte er einen Aufschub von 60 bis 90 Tagen erreichen.
Vorstellbar ist, dass der einflussreiche neue Präsident Kontakt zu konservativen Stimmen im Supreme Court sucht oder zumindest ab kommenden Montag seine Macht in der Tech-Welt zu konsolidieren suchen wird. Denn zuletzt hat sogar Mark Zuckerberg als Meta CEO einen drastischen Kurswechsel für sein Tech-Imperium bekanntgegeben, der ganz und gar den MAGA-Vorstellungen von Trump, Elon Musk und ihresgleichen entspricht.
Sollte das US-Geschäft von TikTok, mehr oder weniger losgelöst vom Mutterkonzern ByteDance, zu ähnlichen Annährungen an diese Ideen bereit sein, könnte sich TikTok eventuell doch noch einen Platz in der Riege der konservativ geführten Tech-Konzerne mit Trump-Nähe sichern. Ein möglicher Besuch von Shou Zi Chew bei Trumps Amtseinführung könnte in diesem Kontext für relevante Verbindungen und möglicherweise Zusicherungen sorgen. Zuletzt soll der TikTok CEO Trunmp bereits in seiner Residenz besucht haben.
Das Ende ist nah: TikTok bereitet sich schon auf US-Ende vor
Die Hoffnung stirbt zuletzt. Der offizielle TikTok Account hat jüngst ein Video geteilt, das den Protest vieler Creator darstellt. Einige waren auch bei der Anhörung vor dem Supreme Court außerhalb des Gebäudes vor Ort, um ihrem Unmut Luft zu machen. Sie möchten die Plattform mit über 150 Millionen Usern in den USA nicht verlieren. Denn für viele Unternehmen und Creator hängt daran auch die berufliche Existenz.
all the feels watching small businesses, creators, and communities coming together to save the platform that connects us all
Dennoch muss TikTok der Realität ins Auge blicken. Laut The Informationen bereitet das Unternehmen in den USA für Sonntag, den 19. Januar, bereits den Shutdown in den Vereinigten Staaten vor. Dann werden nicht nur die Download- und Update-Optionen für die App entfernt. Die App soll gänzlich gesperrt werden.
Auch die Creator müssen dieser Realität begegnen. Viele bereiten sich vor und downloaden ihre TikTok-Videos, verweisen in der Bio auf andere Social Media Accounts, setzen vermehrt auf Reels und Shorts und suchen nach weiteren Alternativen. So sind in den US App Charts zuletzt beispielsweise Lemon8, ein soziales Medium von ByteDance, das funktionstechnisch zwischen Pinterest und Instagram anzusiedeln ist, und die chinesische Social Media und Entertainment App Xiaohongshu, auch REDnote genannt, ganz nach oben geklettert.
Der Hype um REDnote, das viele auch im Protest gegen den nahenden TikTok-Bann nutzen, zieht indes weite Kreise. Wir berichteten bereits über die App, deren Nutzung auch Datenschutzrisiken mit sich bringen kann, weil sie vielfach ohne genaue Studie der AGB genutzt wird. Und die Sprachlern-App Duolingo berichtet von einem großen Plus von 216 Prozent in Bezug auf US User, die Mandarin lernen möchten (verglichen mit dem Vorjahreszeitraum).
Learning Mandarin out of spite? You’re not alone.
We’ve seen a ~216% growth in new Chinese (Mandarin) learners in the US compared to this time last year. https://t.co/9hzwBxfTgD pic.twitter.com/qWM9f5oFYA
— Duolingo (@duolingo) January 15, 2025
REDnote als TikTok-Alternative:
US User aus Protest auf chinesischer Social Media App
© Xingyin Information Technology (Shanghai) Co Ltd. via Canva
Was jetzt mit TikTok in den USA geschieht, liegt wohl auch in der Hand von Donald Trump und seiner Kandidatin für das US-Justizministerium, Pam Bondi. Das letzte Wort ist längst nicht gesprochen, vielleicht wird TikTok in den USA aber schon ab Sonntag Geschichte sein.
TikTok:
Eine neue Hoffnung und Rückzahlungen an Advertiser im Falle des US-Banns
© visuals – Unsplash
