Das Geschäft mit personalisierter Werbung dürfte für Meta in Europa künftig eine Veränderung erfahren – vielleicht aber eher auf dem Papier als realiter. Die Meldung, dass der Social-Media-Konzern im Europäischen Wirtschaftsraum die personalisierte Werbung ohne explizite Zustimmung der Nutzer:innen zur entsprechenden Datenverarbeitung untersagt werden soll, sorgte kürzlich für Furore. Immerhin ist das Werbegeschäft – gerade mit personalisierten Ads – Metas zentrales Geschäftsmodell. 33,6 Milliarden US-Dollar generierte der Konzern allein im dritten Quartal 2023 im Werbebereich.
Im Zentrum der Entscheidung des EU-Datenschutzgremiums, Meta personalisierte Ads unter bestimmten Voraussetzungen untersagen zu wollen, steht die Notwendigkeit der umfassenden Transparenz. Daher soll die Rechtsgrundlage für derlei Werbung fortan der konkrete Consent sein. Zwar gab der Konzern bereits im Sommer 2023 an, auf den Consent als neue Legal Basis setzen zu wollen; wobei das Wollen eher einem Müssen gleichkommt. Lange Zeit war aber noch keine Umsetzung dieser Regelung in Sicht. Damit das Werbegeschäft nicht unter dem etwaigen Verbot leiden würde, hat Meta inzwischen eine Lösung gefunden, die den Usern die Wahl lässt – allerdings ist es nicht ganz die freie Wahl, die sie sich womöglich wünschen.
Als Alternative zum Consent gibt es nur das werbefreie Abo – oder die Nichtnutzung
Wer beispielsweise im EWR-Raum Instagram nutzen möchte, wird jetzt zu einer Entscheidung gezwungen. Möchten User die Meta-Dienste weiterhin kostenfrei nutzen, müssen sie den Bearbeitungsbestimmungen für ihre Daten – und damit auch die Nutzung für personalisierte Werbung – zustimmen.
Wer dem nicht zustimmen möchte, kann auch Metas neues werbefreies Abonnement, das mobil in der App für 12,99 Euro monatlich angeboten wird.
Werbefreie Instagram und Facebook Experience bei Meta ist da:
Das sind die Kosten
© dole777 – Unsplash, Veränderungen via Canva vorgenommen
Wer sich für die kostenfreie Erfahrung entscheidet, stimmt automatisch der Cookie-Nutzung und der Verarbeitung der Informationen aus den eigenen Konten zu. Eine Änderung der Auswahl ist jederzeit möglich.
Nicht ganz die freie Wahl
Mit dieser Entscheidung, die den Usern per Pop-up zugetragen wird, sichert sich Meta gegen ein konkretes Verbot für personalisierte Werbung und Strafzahlungen im EWR ab. Die Vorsitzende des European Data Protection Boards und zugleich Leiterin der finnischen Datenschutzbehörde Anu Talus hatte kürzlich erklärt:
[…] It is high time for Meta to bring its processing into compliance and to stop unlawful processing.
Das setzt der Konzern jetzt um, doch gibt er Usern nicht die Möglichkeit, sich ohne Zustimmung zur umfassenden Datenverarbeitung auf eine kostenfreie Experience einzulassen. So ist Meta nun transparenter und expliziter geworden – die Rechtsgrundlage der Zustimmung zu den Datenschutzbestimmungen bei der Nutzung der Plattformen als Grundlage für personalisierte Werbung war längst von der EU und Datenschutzbehörden in Europa nicht mehr akzeptiert worden –, doch bleibt die Zustimmung alternativlos, sofern User nicht für Instagram und Facebook zu zahlen oder auf die Dienste zu verzichten bereit sind.
Und aufgrund der Popularität der Plattformen und der Relevanz für viele Creator und Unternehmen dürfte die große Mehrheit ihren Consent geben, um weiterhin ohne Zusatzkosten auf Stories, Reels, Feed Posts etc. setzen zu können. Insofern würde sich am Werbegeschäft Metas auch in Europa gar nicht so viel ändern; ob aber Datenschutzgruppen, das EU-Datenschutzgremium und Behörden der einzelnen Länder diese Lösung gutheißen werden, ist fraglich. Die Gruppe noyb bezeichnete das Vorgehen bereits als Umgehung von EU-Gesetzen und schrieb, dass nur die Zahlung für die werbefreie Experience grundsätzliche Privatsphärerechte ermögliche.
“In a move to circumvent EU privacy law, Platform giant Meta reportedly plans to ask users to pay up to €228 a year to preserve their fundamental right to privacy on its platforms.”
Read our blog post for EDRi to learn all about Meta’s next coup https://t.co/uI78MxafUw
— noyb (@NOYBeu) October 27, 2023
Mehr Informationen zum Hintergrund dieser Entwicklung und eine Einschätzung des Experten Stephan Jäckel, Geschäftsführer von emetriq, findest du in unserem ausführlichen Beitrag zum Thema.