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Laut einer repräsentativen Studie befürchtet etwa jeder dritte Deutsche eine gesellschaftliche Gefährdung durch KI. In Ostdeutschland sind die Sorgen größer als im Westen. Doch nicht nur die „normale“ Bevölkerung sorgt sich – auch Experten sehen Gefahren angesichts der rasanten Entwicklung von KI. Eine kommentierende Analyse.
Angst, dass KI die Gesellschaft gefährdet
Seit mehr als drei Jahrzehnten führt das R+V-Infocenter unter dem Titel „Die Ängste der Deutschen“ jährlich Interviews mit rund 2.400 Frauen und Männern. Die hier aufgeführten Zahlen beziehen sich auf die Befragung vom 12. Mai bis 22. Juli 2025.
Im Osten Deutschlands haben 36 Prozent große Angst davor, dass KI die Gesellschaft gefährdet – beispielsweise durch Desinformation, die Menschen auf ganz neue Art und Weise beeinflussen kann. In Westdeutschland sind es 31 Prozent.
Auch individuelle Risiken spielen eine bedeutende Rolle. So befürchtet 30 Prozent der im Osten lebenden deutschsprachigen Bevölkerung, dass ihre Daten im Internet missbraucht werden – im Westen sind es 24 Prozent.
Evolutionsverankert: Angst vor Neuem
Die Angst vor Neuem ist evolutionsverankert. Neues fördert oft Unsicherheit und birgt schnell eine potenzielle Gefahr, weil wir es noch nicht (genug) kennen. Wir fühlen uns bedroht – vor dem Ungewissen. Darin steckt aber auch Irrationalität.
Doch wenn selbst ein anerkannter KI-Experte wie Geoffrey Hinton davon spricht, „dass die Wahrscheinlichkeit, dass KI uns vernichtet, bei 10 bis 20 Prozent liegt“, müssen wir mindestens skeptisch sein, oder?
Andererseits hofft er auch, dass „genug kluge Köpfe mit ausreichenden Ressourcen ausreichend forschen, um einen zu Weg finden, [KI] so zu entwickeln, dass sie uns niemals Schaden zufügen will.“ Es sind die berühmten zwei Seiten der Medaille.
„Veränderungen können Menschen ängstigen, da sie das Gefühl stören zu wissen, wer wir sind“, sagt Sherry Turkle, MIT-Professorin für Science, Technology and Society im Buch „Reclaiming Conversation“ sinngemäß. Ja, Neuerungen können das Bekannte und Eingespielte aus dem Gleichgewicht bringen. Die Frage ist nur: Wie gehen wir damit um?
Stimmen
Grischa Brower-Rabinowitsch, Leiter der R+V-Studie, fasst die Umfrageergebnisse zusammen: „Ein bemerkenswerter Teil der Deutschen beobachtet die rasante Entwicklung der Künstlichen Intelligenz mit Sorge. Fast jeder dritte hat große Angst, dass Künstliche Intelligenz unsere Gesellschaft gefährdet, [und] die Menschen haben Angst, dass sie die Kontrolle über ihre persönlichen Daten verlieren und Opfer von Cyberkriminellen werden.“
Christian Schröter, Technikphilosoph mit Spezialisierung auf die Theorie und Geschichte der KI, ordnet Angst historisch ein: „Technologische Entwicklungen wurden schon immer auch mit Sorge, Angst und Skepsis begleitet. Als sich die Eisenbahn Mitte des 19. Jahrhunderts verbreitete, hatten viele Menschen – sogar aus der Wissenschaft – Angst, dass die enormen Geschwindigkeiten, mit denen man fahren würde, die Leute wahnsinnig machen würden.“
Geoffrey Hinton, Nobelpreisträger und „Pate der KI“, über die Entwicklung der Technologie: „Denn derzeit sind die meisten Experten auf diesem Gebiet der Meinung, dass wir irgendwann, wahrscheinlich innerhalb der nächsten 20 Jahre, KI entwickeln werden, die intelligenter ist als Menschen. Und das ist ein sehr beunruhigender Gedanke.“
Warum Angst vor KI wichtig ist
Angst ist ein natürlicher Mechanismus, der uns vor Gefahren schützen kann. In vielen Fällen ist die Kausalität eindeutig: Wenn ich jetzt über die viel befahrene Autobahn gehe, ist die Chance hoch, dass ich verletzt werde – ich habe Angst vor den Folgen eines möglichen Unfalls und bin deshalb vorsichtig.
Bei der Technologie – und insbesondere der Künstlichen Intelligenz – ist das anders. Vielleicht verändert KI irgendwann meinen Job. Möglicherweise falle ich auf einen Deepfake herein und werde ein Phishing-Opfer. Oder viel grundlegender: Was ist KI eigentlich und in welchen Bereichen ist sie schon aktiv?
KI ist wie ein blinder Fleck – und gleichzeitig riesig und rasant. Gefühlt entwickelt sie sich täglich weiter. Wo stehen wir in fünf Jahren? An der Frage scheitern sogar Branchenexperten. Unter dem Gesichtspunkt ist es nur logisch, dass die uns innewohnende Angst vor Neuem auf den potenziellen Kontrollverlust reagiert.
Wie so oft kann die Lösung nur Transparenz und Regulierung lauten, was jedoch meist mit Machtverlust und finanziellen Einbußen einhergeht. Und rührt unsere Befürchtung nicht eher daher? Haben wir wirklich Angst vor KI oder davor, was Menschen mit ihr machen? In dem Kontext avanciert die Angst zur wichtigsten Begleiterin – um technologischen Missbrauch zu erkennen und einzudämmen.
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